»Beste Chirurgie ist mein Ziel«: Gelungene Integration als Arzt

»Man sitzt endlich im richtigen Zug und weiß, wohin es geht.« Der angehende Chirurg Malek Ernez wurde im mibeg-Institut durch das Förderprogramm »Integration durch Qualifizierung (IQ)« unterstützt.

»Man sitzt endlich im richtigen Zug und weiß, wohin es geht.« Der angehende Chirurg Malek Ernez wurde im mibeg-Institut durch das Förderprogramm »Integration durch Qualifizierung (IQ)« unterstützt.

Immer wieder haben wir gern Kontakt zu unseren Absolventinnen und Absolventen, die in ganz Deutschland arbeiten. Aktuell hatten wir Malek Ernez zu Gast, einen Arzt, der derzeit seine Weiterbildung zum Facharzt für Chirurgie im Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach absolviert unter der Leitung von Chefarzt Dr. med. Andreas Hecker, der zugleich Ärztlicher Direktor des Krankenhauses ist.

Spontan erklärte sich Malek Ernez zum Interview bereit und begrüßte zuvor seine Anerkennungsberaterin und Seminarleiterin Carina Schmidt vom mibeg-Institut. Der Arzt ist im Februar 2017 zum ersten Mal in unser Institut gekommen, um an einem Informationsseminar »Wege zur Anerkennung« teilzunehmen. Carina Schmidt lacht bei der Erinnerung an dieses Informationsseminar und erinnert sich, dass der aus Tunesien kommende Arzt sehr, sehr viele Fragen zu seiner Anerkennung und zu seinen beruflichen Möglichkeiten stellte und es ganz genau wissen wollte, um direkt richtig durchzustarten in Deutschland.

anerkennung-nrw.de: Wie sieht Ihr Alltag aus?

Malek Ernez: Es gibt unglaublich viel zu tun. Vielleicht wirke ich ein bisschen müde, denn ich komme direkt aus dem Nachtdienst. Ich glaube, alle Assistenzärzte haben immer viel zu tun, und in der Chirurgie sind wir ganz besonders gefordert, auch in unseren Nachtdiensten. Ich habe einen sehr guten Start für meine ärztliche Berufslaufbahn in Deutschland im Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach nehmen können – bis die Corona-Pandemie begann.

Wie hat sich die Corona-Pandemie in der ersten Welle für Sie ausgewirkt?

Durch die Corona-Pandemie wurden wir alle noch mehr gefordert, und vieles ist aufwändiger und komplizierter geworden – Anforderungen, die sich an uns Ärzte und an Pflegekräfte stellen. Während der ersten Welle der Pandemie sind eine Reihe von angesetzten Operationen verschoben worden, da wir unsere Kapazitäten für die Covid-19-Patienten reserviert haben. Das hat für chirurgische Patienten durchaus Probleme bereitet, denn bei manchen sind die Eingriffe, die wir jetzt vornehmen können, aufgrund des verschlimmerten Krankheitsbildes schwieriger. Eine ganze Reihe von Menschen ist wegen der Corona-Pandemie nicht frühzeitig zum Arzt gegangen, und nun kommen sie häufig als Notfälle. Andererseits haben wir auch bei der ersten Welle manche chirurgischen Krankheitsbilder weniger gesehen, zum Beispiel Sportunfälle.

Was kennzeichnet Ihre Arbeitssituation?

Unser Krankenhaus ist gut aufgestellt, und zu unserem chirurgischen Team gehört auch eine ganze Reihe von Fachärzten, also sehr erfahrene Kollegen. Im Juni 2019 habe ich mit meiner Weiterbildung begonnen, und ich denke, ich werde noch gut vier Jahre vor mir haben. Beste Chirurgie ist mein Ziel. Ich führe ein Logbuch, das genau Auskunft gibt, was ich bereits als Chirurg kennengelernt habe. Wir haben eine sehr gute Unterstützung bei uns im Krankenhaus in der Weiterbildung und auch in der entsprechenden Zuteilung von Operationen. Somit ist es für mich auch eine sehr lernintensive Zeit.

Warum haben Sie sich für die Chirurgie entschieden?

Es war schon immer mein Wunsch, Chirurg zu werden, von Beginn an. Mein Vater ist Pädiater, und der hätte es auch gern gesehen, wenn ich ihm in die Pädiatrie gefolgt wäre. Aber ich bin immer schon handwerklich begeistert gewesen, und so stand für mich die Wahl der Chirurgie außer Frage. Schon während meines Studiums in Tunesien hat mir die Famulatur in Chirurgie am meisten Spaß gemacht. Ich habe auch während des Studiums Erfahrungen im Bereich der Inneren Medizin gesammelt, aber für mich war das nicht spannend im Vergleich zur Chirurgie. Hier gehöre ich hin als Arzt.

Warum haben Sie sich entschieden, nach Deutschland zu kommen?

Ein großer Vorteil in Deutschland ist es, dass sich der Arzt seine Spezialisierung selbst aussuchen kann. In Tunesien ist sowas alles vorgegeben und regelt sich über Abschlussnoten. Deutschland bietet viel mehr Möglichkeiten, und hier kann man viel flexibler agieren. Natürlich ist es naheliegend zu überlegen, auch nach Frankreich zu gehen, da die französische Sprache viel vertrauter ist. Aber ich fand es richtiger, nach Deutschland zu gehen.

Malek Ernez im mibeg-Institut

Wie war Ihr Start in Deutschland?

Zunächst bin ich nach Deutschland zwei Monate zum »Testen« gekommen, ich wollte schauen, ob ich die deutsche Sprache lernen kann, ob es nicht zu schwer wird. Und ich wollte ausprobieren, welche Chancen ich hier habe. Letztlich habe ich Deutsch gelernt wie die Medizin im Studium: Ich war jeden Tag in der Bibliothek und habe von morgens bis abends gelernt.

Welche Schritte haben Sie zur Anerkennung unternommen?

Wenn man wie ich aus dem Ausland kommt, ist der Anerkennungsprozess sehr schwierig zu verstehen.

Es gibt ganz viele unterschiedliche Regeln in den Regionen, es sind sehr viele Papiere erforderlich für die Anmeldung, und die Übersetzungen meiner Zeugnisse aus Tunesien haben mich am Anfang auch vor viele Probleme gestellt. Das ist mit hohen Kosten verbunden. Ich hatte zunächst gehört, dass es am besten ist, einen Antrag in Bayern zu stellen, weil es dort keine Fachsprachprüfung für Ärzte gibt. Aber dann habe ich auch erfahren, dass es dann anschließend sehr schwer wird im Krankenhaus, da man nicht genügend Kenntnisse hat, um mit Patienten zu sprechen oder den ärztlichen Kollegen. Dann haben mir Kollegen das mibeg-Institut empfohlen, und ich konnte am Informationsseminar »Wege zur Anerkennung« teilnehmen. Das war ein Glücksfall für mich.

Was war an diesem Anerkennungsseminar so wichtig für Sie?

Ich glaube, ich war an diesem Tag ein schwieriger Teilnehmer, da ich sehr viele Fragen hatte. Ich wollte es alles ganz genau wissen und von Anbeginn richtig machen. Ich bin dann informiert worden, was ich alles beifügen muss, wenn ich einen Antrag auf Approbation stelle, wie wichtig vollständige Unterlagen und wie wichtig deutsche Sprachkenntnisse schon zu Beginn des Anerkennungsverfahrens sind. Ich habe im mibeg-Institut sehr viele Informationen bekommen zur Fachsprachprüfung und zur Kenntnisprüfung und wie ich mich vorbereiten kann. Ich hatte schon gehört, dass das mibeg-Institut Seminare anbietet, die auf die Fachsprachprüfung und die Kenntnisprüfung vorbereiten. Das mibeg-Institut hat mich auf das Programm IQuaMed aufmerksam gemacht, das war dann eine große Hilfe für mich, hier als Arzt zu starten.

Das Programm IQuaMed ist in der Startphase durch das Förderprogramm »Integration durch Qualifizierung IQ« finanziell unterstützt worden. Sie haben an einem Programmteil, dem Praxisseminar Humanmedizin, teilgenommen. Was war für Sie wichtig?

Ich wurde in das Praxisseminar von Oktober 2017 bis Mai 2018 aufgenommen. Für mich war das ein wichtiger Tag, als dieses Seminar gestartet ist. Man sitzt endlich im richtigen Zug und weiß, wohin es geht. Ich habe unglaublich viele Fachbegriffe gelernt, die Dozenten waren deutsche Chef- und Oberärzte, die mit uns intensiv trainiert haben, und wir haben anhand von echten Fällen gelernt, nicht von ausgedachten. Nur Bücher lesen oder ein Onlineprogramm reicht einfach nicht aus. Den kollegialen Austausch im Seminar fand ich sehr wichtig. Das Seminar hat Theorie- und auch Praxiszeiten, wo wir als Praktikanten im Krankenhaus waren. So habe ich schnell gemerkt, was hier in Deutschland wirklich wichtig ist bei der Versorgung der Patienten.

Warum haben Sie sich für ein Programm des mibeg-Instituts entschieden?

Ich habe mich vorher intensiv mit vielen Kollegen ausgetauscht, die schon länger in Deutschland sind. Sie haben mir gesagt, dass es im mibeg-Institut anstrengend sein wird, weil hier viel gefordert wird. Alle Seminarthemen haben hier sehr viel mit der zukünftigen Praxis zu tun und nicht nur mit den Prüfungen. Ich habe auch gewusst, dass es in einem anderen Bundesland eine Möglichkeit für Kurse gibt, die mit einer fast 100-prozentigen Bestehensquote werben, aber es kam mir etwas verdächtig vor, dass die Prüfungen von den Kursdozenten abgenommen wurden. Ich habe mich dann für das mibeg-Institut entschieden, weil ich wusste, nach der Prüfung kommt eine lange Praxiszeit, und es kommt darauf an, dafür gut vorbereitet zu sein. Ich erinnere mich noch gut, dass wir einen Gefäßchirurgen als Dozenten hatten, der immer wieder auch etwas zu Kompressionsstrümpfen Klasse 2 sagte. Wir fanden das im Seminar zunächst nicht so wichtig. Aber als ich dann später auf der chirurgischen Station war und mein Oberarzt sagte, »die Patientin auf Zimmer 11 braucht noch Nummer zwei«, musste ich doch lachen, weil ich genau wusste, was gemeint war. Der Kurs hat nicht nur über Chirurgie, Innere Medizin, Radiologie und Strahlenschutz etwas gelehrt, sondern auch ganz praktische Fragen im Bereich der Sozialmedizin, also zum Beispiel wie ein Patient in eine Reha-Maßnahme kommt.

Wie haben Sie die Prüfung gemeistert?

Für die Fachsprachprüfung vor der Ärztekammer habe ich überhaupt nichts mehr extra lernen müssen. Ich war schon durch den Kurs gut vorbereitet. Wir haben auch überhaupt keine Fälle auswendig gelernt im Kurs, sondern wir haben mit den Dozenten immer trainiert, den Kontext zu verstehen und damit umzugehen. Und Sie haben uns auch im mibeg-Institut viel Mut gemacht, dass man, wenn man etwas nicht versteht, einfach ehrlich sein soll und nachfragen kann. Sprache ist nun mal sehr wichtig, das sage ich auch als Chirurg (lacht).
Mittlerweise ist mein Deutsch besser als mein Französisch. Die Kenntnisprüfung war allerdings sehr schwer und anspruchsvoll, und ich bin sehr froh, dass ich diese Hürde auch geschafft habe. Ich habe dann meine Approbation bekommen, und der Chefarzt, bei dem ich während des Seminars meine Praxiszeit absolviert habe, hat mir, als eine Stelle frei wurde, ein Angebot gemacht. Ich bin ausgewählt worden aus einer ganzen Reihe von Bewerbern, darunter auch einige deutsche.

Das Gespräch mit Malek Ernez führte Barbara Rosenthal für anerkennung-medizin.de.