Anerkennung: Corona-Impfstoff

Ute Teichert warnt vor großem Druck auf das Impfsystem

Ute Teichert im mibeg-Institut Medizin

Dr. med. Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes BVÖGD

Die Chefin des Berufsverbands der Amtsärzt:innen in Deutschland, Dr. med. Ute Teichert, nahm aktuell Stellung zur weiteren Entwicklung des Impfsystems in Deutschland. Sie wies darauf hin, dass ab Sommer zahlreiche Auffrischungsimpfungen gestartet werden müssten, zusätzlich zu den laufenden Erst- und Zweitimpfungen. Während andere Länder wie Großbritannien schon längst dabei seien, sich darauf vorzubereiten, sei die Prognose für Deutschland besorgniserregend. »Von Seiten der Politik höre ich diesbezüglich aber keinerlei Vorschläge, wie das organisiert werden sollte. Es scheint vielmehr, als liefe sie planlos in eine solche Situation hinein.«

Zum jetzigen Zeitpunkt hat erst ein Drittel der Deutschen eine Erstimpfung bekommen. In manchen Bundesländern zeichnet sich eine extrem schwierige Situation ab.

Zusätzlich zu den noch nicht organisierten Impfverfahren, die Ute Teichert vom BVÖGD anmahnt, sind aktuell noch erhebliche weitere Probleme zu lösen. Sie beziehen sich zum einen auf die vorliegenden Vektorimpfstoffe, die jetzt aktuell vor allem in Arztpraxen verimpft werden sollen.

Probleme wird zum anderen die angekündigte Aussetzung der Priorisierung mit dem erwartbaren Impfansturm ab Juni verursachen, verschärft etwa in Nordrhein-Westfalen dadurch, dass Ü60-Jährige kein prioritärer Zugang zu Impfzentren gestattet wird. Ü60-Jährige gehören zwar zur Prioritätsgruppe 3, sollen sich aber neuerdings ausschließlich in Arztzentren und da vor allem mit Vektorimpfstoffen (»Resterampe«) impfen lassen.

Unabhängig von der Diskussion um die Impfstoffe führen viele Praxen jetzt schon Wartelisten und können keine Impftermine in Aussicht stellen. Dass beispielsweise städtische Bauhofmitarbeiter bevorzugt Impfangebote bekommen, während die zuvor auf wissenschaftlicher Basis vorgenommene Priorisierung sich in Luft auflöst, kann nicht als gutes Impfmanagement vermittelt werden.

Die sehr gut gestarteten Impfzentren bräuchten hier weitere Unterstützung, um ihre erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. Aufgabe von Bund und Land muss es sein, das Impfangebot rechtzeitig verfügbar zu machen. Wie übersichtlich die zu erwartenden Lieferungen pro Bundesland sind, zeigt die Tabelle des Bundesgesundheitsministeriums sehr anschaulich.

Impftropfen auf den heißen Stein: Viel zu wenig Impfdosen für Kölner Hochhaussiedlungen

In den Kölner Hochhaussiedlungen sind die Infektionszahlen hoch. Mobile Teams wurden eingesetzt, um zu impfen. In Stadtteilen wie Chorweiler und Meschenich betrug die Wocheninzidenz aktuell fast 700 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Am Montag startete  daher ein besonderes Projekt: Die Corona-Schutzimpfung kam zu den Bürgern in diesen Stadtvierteln, die Bürger mussten nicht ins Impfzentrum, wo sie vermutlich ohnehin kein Impfangebot bekommen hätten. Das Land wollte dafür 1.000 zusätzliche Impfdosen für die erste Woche zur Verfügung stellen.

Das Impfangebot wurde sehr gut angenommen, und es wurde ein bundesweites Medienspektakel um diese Aktion herum entfacht. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker betonte, um die Bürger in diesen Stadtvierteln zu erreichen, seien muttersprachliche Unterstützung, Aufklärungsarbeit sowie die Zusammenarbeit mit Hausärzten und »Sozialraumkoordinatoren« notwendig.

Aber das Impfangebot ist völlig unzureichend.

Laut WDR sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, die Stadt Köln solle erst einmal Erfahrungen sammeln. Der Impfstoff sei begrenzt und viele geschwächte Menschen in den Priorisierungsgruppen warteten noch auf ihre Impfung. Oberbürgermeisterin Reker intervenierte und versuchte vergeblich, vom Land NRW weitere Impfdosen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Zwar wurden in wenigen Tagen einige hundert Dosen verimpft, doch allein im Stadtbezirk Chorweiler leben mehr als 82.000 Menschen.

Gegenüber dem WDR betonte der Klinikdirektor der Kölner Uniklinik Prof. Dr. Michael Hallek, wie wichtig diese Impfaktion zur Eindämmung des lokalen Infektionsgeschehens ist: »Ich kann ungefähr sagen, aus welchen Stadtteilen die Menschen kommen und aus welchen Situationen.  Und da sind wir als Gesellschaft schon auch gehalten, uns drum zu kümmern, und wenn Impfen hilft, dort die Infektionsketten zu durchbrechen, und das glaube ich, dann ist das eine sehr sinnvolle Maßnahme.«

Prof. Dr. Michael Hallek über vorgezogene Impfungen für Menschen in Stadtteilen mit hoher Corona-Inzidenz

 

Frauen entwickeln die Covid-19-Impfstoffe: Sarah Gilbert, Özlem Türeci, Katalin Karikó, Kathrin Jansen, Kizzmekia Corbett

Sarah Gilbert, Özlem Türeci, Katalin Karikó, Kathrin Jansen, Kizzmekia Corbett

V.l.n.r.: Sarah Gilbert, Özlem Türeci, Katalin Karikó, Kathrin Jansen, Kizzmekia Corbett; © The Jenner Institute; Wikipedia, released by Biontech; Wikipedia; Pfizer; Wikipidia

Die Impfstoffe im Kampf gegen die Corona-Pandemie wurden maßgeblich von Frauen entwickelt. Einige dieser Wissenschaftlerinnen wurden nun für ihre wegweisende Arbeit geehrt.

So wird Sarah Gilbert, der federführenden Entwicklerin des AstraZeneca-Impfstoffs, für ihren Beitrag zum Allgemeinwohl die Albert-Medaille der britischen Royal Society of Arts verliehen. Gilbert forscht seit 1994 an der Universität Oxford und leitete das Entwicklungsteam hinter dem Oxford- / AstraZeneca-Vakzin.

Der deutschen Ärztin, Forscherin und Unternehmerin Dr. Özlem Türeci, einer der Gründer:innen und medizinische Geschäftsführerin von Biontech, wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verleihen. Türeci, die u.a. einen großen Forschungsschwerpunkt in der Entwicklung von Krebsimmuntherapien hat, gilt als der führende medizinische Kopf hinter dem Biontech-Impfstoff.

Senior Vice President von Biontech ist Katalin Karikó, PhD. Die in den USA lebende Biologin hat sich besondere Verdienste bei der Entwicklung der mRNA-Technologien erworben, die die Grundlage für Impfstoffe gegen Covid-19 und für Medikamente gegen Krebs, Schlaganfälle oder Zystische Fibrose bilden. Neben ihrer Tätigkeit bei Biontech ist Karikó Adjunct Associate Professor an der University of Pennsylvania.

Kathrin Jansen, PhD, ist Senior Vice President und Head of Vaccine Research and Development beim Pharmakonzern Pfizer und Mitglied des Worldwide Research and Development Leadership Teams. Während der Covid-19-Pandemie beaufsichtigte Jansen die Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs von Pfizer. Sie untersuchte vier potenzielle Kandidaten, bevor sie sich mit Biontech zusammenschloss, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, den Impfstoff mit dem höchsten Potenzial zu identifizieren.

Die Immunologin Kizzmekia Shanta Corbett, PhD, hat entscheidend den Covid-19-Impfstoff von Moderna mitentwickelt. Sie wurde 2014 an das führende US-Impfstoff-Forschungszentrum Vaccine Research Center (VRC) des National Institute of Allergy and Infectious Diseases berufen. Dort leitet sie das Coronavirus-Team. Sie war Teil des Teams, das dabei half, die Struktur des SARS-CoV-2-Spike-Proteins zu entschlüsseln. Seit der Zulassung des Impfstoffs von Moderna wirbt Corbett intensiv vor allem in Gemeinden mit einem hohen Anteil an Menschen afroamerikanischer Herkunft, die von der Pandemie In den USA besonders betroffen sind.

Özlem Türeci und Uğur Şahin: Zwei klinische Forscher und Spitzenmediziner entwickeln für BioNTech Corona-Impfstoff

Dem Forschungsunternehmen BioNTech sieht sich das mibeg-Institut Medizin besonders verbunden. Wir gratulieren dem Vorstand und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf das Herzlichste zu einer spitzenmedizinischen Forschungsleistung.

BioNTech gab bekannt, eine Impfstoff-Zulassung für BNT162b2 zu beantragen. In einem Kooperationsverbund zusammen mit dem US-amerikanischen Pharmaunternehmen Pfizer konnten die bisher abgeschlossenen Forschungsergebnisse einen sehr großen Erfolg bei der Phase-3-Studie über die Immunisierung gegen das SARS-CoV-2-Virus aufweisen.

Das Unternehmen BioNTech wurde durch eine Ärztin und einen Arzt gegründet, die das Unternehmen selbst leiten: PD Dr. med. Özlem Türeci und Prof. Dr. med. Uğur Şahin. Die Ärztin Özlem Türeci zeichnet als Chief Medical Officer bei BioNTech verantwortlich. An der Universität Mainz lehrt sie als Privatdozentin. Der Arzt Uğur Şahin ist Chief Executive Officer des Unternehmens BioNTech und Professor sowie Geschäftsführer der Translationalen Onkologie an der Universitätsmedizin Mainz (TRON), seine Forschungsschwerpunkte sind Onkologie und Immunologie.

Özlem Türeci wurde in Lastrup, Niedersachsen, geboren, besuchte dort die Schulen und studierte anschließend Medizin an der Universität des Saarlandes in Homburg. Ihr Ehemann Uğur Şahin stammt aus İskenderun, Türkei, und kam als Vierjähriger nach Köln, wo er Grundschule und Gymnasium bis zum Abitur besuchte, um anschließend an der Universität zu Köln Medizin zu studieren. Weiterlesen