Anerkennung: IQ Netzwerk Berlin

Melita Grieshop: »Anerkennungsqualifizierungen für Hebammen in innovativer Form«

Prof. Dr. Melita Grieshop, Evangelische Hochschule Berlin; © Melita Grieshop / Ev. Hochschule Berlin

Prof. Dr. Melita Grieshop, Evangelische Hochschule Berlin; © Melita Grieshop / Ev. Hochschule Berlin

Prof. Dr. Melita Grieshop leitet den dualen Bachelor-Studiengang Hebammenkunde an der Evangelischen Hochschule in Berlin (EHB). Die erfahrene Hebamme und Dipl.-Pflegepädagogin ist zugleich Projektleiterin von Anpassungslehrgängen für Hebammen aus Drittstaaten sowie für Praxisanleiter:innen. Ihr Integrationsprojekt zu Anerkennungsqualifizierungen von Hebammen startete 2019 erfolgreich.

Wir fragen Prof. Grieshop für anerkennung-medizin.de nach den Erfordernissen, um eine Anerkennungsqualifizierung für Hebammen dauerhaft in Deutschland zu etablieren.

anerkennung-medizin.de: Die Hebammenkunde ist längst auf dem Weg der Akademisierung, Sie leiten den Bachelor-Studiengang Hebammenkunde an der Evangelischen Hochschule Berlin. Wie erfolgreich ist der Prozess der Akademisierung der Hebammenkunde bislang gelaufen? Welche Meilensteine konnten erreicht werden?

Prof. Dr. Melita Grieshop: Im Jahr 2019 konnten wir über die Novellierung des Hebammengesetzes endlich die Vollakademisierung des Hebammenberufs erreichen. Zukünftig bzw. mit einer kurzen Übergangsphase werden alle Hebammen ihren Beruf an einer Hochschule erlernen. Zahlreiche Hochschulen wie die EHB haben in den vergangenen zwölf Jahren während der Modellphase schon sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Die Absolvent:innen der EHB finden sehr gut Zugang zum Arbeitsmarkt und/oder sind in der ambulanten Versorgung der Frauen und Familien tätig. Allerdings nutzen die Geburtskliniken das Potential der Hochschulabsolvent:innen noch nicht gut genug.

Die Hebammen B.Sc. würden sich gern mehr in die Organisation, Qualitätsverbesserung und Professionalisierung der Geburtshilfe einbringen. Denn Professionalisierung der Berufspraxis ist ein zentrales Ziel der Akademisierung. Zur Anpassung an das neue Hebammengesetz werden wir unseren Studiengang an der EHB 2021 in das neue Modell Hebammenwissenschaft (B.Sc. Midwifery) überführen und die Zahl der Studienplätze voraussichtlich bis auf 60 Studierende pro Jahr erhöhen.

Neben Forschung und Lehre leiten Sie ein Projekt zur beruflichen Anerkennung von außerhalb der EU erworbenen Abschlüssen der Hebammenkunde. Haben sich die Anerkennungsverfahren aus Ihrer Sicht qualitativ und quantitativ durch die Anerkennungsgesetze in Land und Bund für den Bereich Hebammenkunde verändert? Wie groß schätzen Sie den Fortbildungsbedarf von anerkennungssuchenden Hebammen ein?

Wir bieten unseren Anpassungslehrgang seit 2019 an. Er ist derzeit die einzige hochschulische Anpassungsmaßnahme für Hebammen. Damit haben wir uns von Beginn an an den qualitativen Anforderungen des hochschulischen Lernniveaus orientiert. Bis ca. 2018 gab es bundesweit nur einen fachschulischen Anpassungslehrgang, sodass die Teilnehmer:innen sehr weite Wege und hohe Kosten auf sich nehmen mussten. Die EHB erweitert dieses Angebot in innovativer Form. Pandemiebedingt haben wir inzwischen einen hohen Anteil online-basiertes Lernen eingeführt, sodass wir gut für eine Erweiterung über Berlin/Brandenburg hinaus vorbereitet sind.

Anerkennungsqualifizierung für Hebammen der Ev. Hochschule Berlin mit Unterstützung des Förderprogramms »Integration durch Qualifizierung (IQ)«; Foto © Baluschek / Ev. Hochschule Berlin

Anerkennungsqualifizierung für Hebammen der Ev. Hochschule Berlin mit Unterstützung des Förderprogramms »Integration durch Qualifizierung (IQ)«; Foto © Baluschek / Ev. Hochschule Berlin

Die Berufsgruppe der Hebammen ist im Vergleich z.B. zur Pflege oder zur Medizin eine eher kleine Gruppe. Daher wären regionale Anpassungslehrgänge in großer Zahl aufgrund zu geringer Nachfrage nicht kostendeckend.

Zudem sind die personellen Kapazitäten der Hochschulen durch Aufbau und Weiterentwicklung der Hebammenstudiengänge bundesweit sehr belastet, sodass nicht jede Hochschule personelle Kapazitäten für kleine Teilnehmendengruppen freimachen kann.

Aus dem Ausland kommende Hebammen erhalten häufig bei der Beantragung ihrer beruflichen Zulassung Anerkennungsbescheide, die in einem erheblichen Umfang eine Nachqualifizierung fordern. Welche Erfahrungen haben Sie durch das Projekt der Anerkennungsqualifizierung gewinnen können? Welche Lehrinhalte in Theorie und Praxis sehen Sie bei der Integration von aus dem Ausland kommenden Hebammen für notwendig und wünschenswert an? Weiterlesen