Anerkennung: BMG

»Wenn es einfach wär’, dann könnte es ja jeder«: 127. Deutscher Ärztetag

127. Deutscher Ärztetag, Präsident Henke, Minister Lauterbach, Minister Laumann

127. Deutscher Ärztetag: Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister, Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister. © Jürgen Gebhardt / Deutsches Ärzteblatt

Deutsche Ärztetage sind für Gesundheitsminister nicht vergnügungssteuerpflichtig. Das war schon zu den Zeiten der berühmten sieben Seehofer-Minuten so, und es ist heute nicht anders. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach durfte sich diesbezüglich dieses Jahr einen Eindruck verschaffen. Er zählte die vielen Versäumnisse auf, die durch die mangelnde Digitalisierung des Gesundheitswesens bei gleichzeitiger vermehrter Ökonomisierung entstanden sind. Diese Analyse teilen sicher viele. Interessant wird jetzt, welche Lösungsvorschläge die Politik auf den Weg bringt. Die Entbudgetierung der Kinderheilkunde ist sicher ein wichtiges Projekt, aber ob dies ohne weiteres auf die Allgemeinmedizin zu übertragen ist, bliebe noch zu klären. Jedenfalls forderte Lauterbach: »Die Ökonomie darf die Medizin nicht dominieren.«

Der Gesundheitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl Josef Laumann, hatte es da leichter und rockte den Saal mit der ihm eigenen bravourösen Rhetorik. NRW hat in den letzten Jahren in Bezug auf die Krankenhausreformen sehr viel vorgelegt. Laumann ließ keinen Zweifel daran, dass man dieses Vorhaben zugunsten neuerer bundespolitischer Überlegungen nicht einfach aufgeben werde. So erklärte er gegenüber seinem Ministerkollegen auf Bundesebene: »Ich finde, wir beide haben eine Verantwortung, dass die Krankenhäuser anschließend auch mit dem umgehen können, was wir da machen.« Deshalb gehe es nun darum, eine in Nordrhein-Westfalen seit Jahren vorbereitete Krankenhausreform mit den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums vernünftig zusammenzuführen. »Wenn es einfach wär’, dann könnte es ja jeder – dann müssten wir beide es nicht machen.«

Der 127. Deutsche Ärztetag wurde durch den Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, in der Philharmonie Essen eröffnet. Der diesjährige Ärztetag wird durch die Ärztekammer Nordrhein ausgerichtet. Der Kammerpräsident und erfahrene Gesundheitspolitiker hob in seiner Eröffnungsrede gezielt das wichtige Thema Prävention hervor: »Meiner Ansicht nach brauchen wir angesichts zunehmender lebensstilbedingter und altersabhängiger Erkrankungen eine politische Strategie, wie wir Verhaltens- und Verhältnisprävention im Rahmen eines Health-in-All-Policies-Ansatzes stärken und Gesundheitskompetenz in allen Lebenswelten fördern können. Hier können wir mehr tun, hier müssen wir mehr tun. Und wir Ärztinnen und Ärzte sind sehr bereit, uns hier aktiv einzubringen.« Henke forderte den Aufbau praxisorientierter Ernährungs-, Gesundheits- und Medienkompetenz in Schulen und den Ausbau des Breitensports, damit Deutschland nach Corona wieder in Bewegung komme.

Wir wünschen dem Ärztetag einen erfolgreichen Verlauf.

 

Pflege im Ausnahmezustand

Das ARD-Magazin »Panorama – die Reporter« hat einen Aufruf gestartet: Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich mehr als 150 Pflegekräfte, die darüber sprechen wollten, was schief läuft in der Pflege. Acht von ihnen erzählen, warum sie derzeit nicht mehr in der Pflege arbeiten.

»Panorama – die Reporter«: Pflege im Ausnahmezustand; Foto: © NDR

Medizinische Technologin / Medizinischer Technologe: Zur Reform der medizinisch-technischen Assistenzberufe

Eine Reihe von Gesundheitsfachberufen erfahren eine grundlegende Reform. Die Ausbildungsziele in den jeweiligen spezialisierten Fachrichtungen werden modernisiert und kompetenzorientiert ausgestaltet. Bisher nur allgemein gehaltene Ausbildungsvorhaben werden konkretisiert und neu strukturiert. Die praktische Ausbildung nimmt einen hören Stellenwert ein und wird im Umfang ausgeweitet.

Unter der neuen Berufsbezeichnung Medizinische Technologin oder Medizinscher Technologe firmieren zukünftig Gesundheitsspezialisten, die jeweils ihren Schwerpunkt mit in ihrer Berufsbezeichnung führen.

  • Medizinische/r Technolog/in für Laboratoriumsanalytik
  • Medizinische/r Technolog/in für Radiologie
  • Medizinische/r Technolog/in für Funktionsdiagnostik
  • Medizinische/r Technolog/in für Veterinärmedizin

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz zur Reform technischer Assistenzberufe in der Medizin, das sogenannte MTA-Reformgesetz, beschlossen. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Zum 1. Januar 2023 soll das Gesetz in Kraft treten.

Besonders bedeutsam ist, dass eine angemessene Ausbildungsvergütung verbindlich vorgesehen ist und dass das Schulgeld für die Ausbildung nicht mehr erhoben werden darf.

Im Rahmen dieser Reformbestrebungen wird auch das Notfallsanitätergesetz aktualisiert, damit bei besonderen Einsatzsituationen für diese Berufsgruppe mehr Rechtssicherheit geschaffen wird.

Entwurf des MTA-Reform-Gesetz (Bundestag)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf

Krankenhauszukunftsgesetz soll im Oktober 2020 in Kraft treten

Bundesministerium für GesundheitDem Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums, den der Gesundheitsminister dem Bundeskabinett vorlegte, wurde zugestimmt. Mit diesem Gesetz will der Bund den Krankenhäusern 3 Milliarden Euro bereitstellen, damit diese in verbesserte Notfallkapazitäten, in die Digitalisierung und in die IT-Sicherheit investieren können. Weitere 1,3 Milliarden Euro Investitionsmittel sollen von den Bundesländern bereitgestellt werden. Anteilig werden auch Krankenhausträger zur Übernahme von Investitionskosten einbezogen. Förderanträge an das Bundesamt für Soziale Sicherung können von den Bundesländern ab sofort gestellt werden. Für die Universitätsklinika gelten besondere Regelungen.

Der bestehende Krankenhausstrukturfonds wird bis 2024 verlängert, und Corona-Pandemie-bedingte Erlösrückgänge sollen in Verhandlung mit den Kostenträgern krankenhausindividuell ermittelt und ausgeglichen werden. Zudem soll es Zuschläge zu Schutzausrüstungen geben, die aufgrund der Corona-Pandemie gebraucht werden.

Speziell für den Bereich der Pflege sollen bislang befristete Regelungen zur finanziellen Entlastung und Unterstützung verlängert werden.

Bundesgesundheitsministerium führt wieder Pflegepersonaluntergrenzen ein

Zunächst für die besonderen Erfordernisse bei der Versorgung besonders vulnerabler Patienten will das Bundesgesundheitsministerium mit Wirkung zum 1. August 2020 erneut Pflegepersonaluntergrenzen einführen.

Diese Untergrenzen beziehen sich zunächst auf den Personaleinsatz in der Intensivmedizin und der Geriatrie. Jürgen Malzahn begrüßte für den AOK-Bundesverband ausdrücklich die Wiedereinsetzung, um Qualitätsstandards für den Patienten- und Arbeitnehmerschutz einzuhalten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft äußerte sich erwartbar kritisch, aber es ist davon auszugehen, dass das BMG seinen entsprechenden Entwurf zur Änderung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung erfolgreich umsetzen wird.

Dass Pflegepersonaluntergrenzen nur ein Baustein unter mehreren sein können, um eine höhere Qualität in die Pflege zu sichern, machte Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, bereits bei der ursprünglichen Einbringung der Personaluntergrenzen vor der Corona-Pandemie deutlich, wir berichteten.